THE BOXX

Kunst – Musik – Hörbuch

LEVEL 3

Three, Ant, Three

Drittes Level. Kein Spiel. Hier wird gearbeitet. Und das mir. Ich bin die Kleinste hier und muss es wuppen. Aber ich bin so klein, zu klein. Vielleicht könntest du …? Helfen? Der Weg von hier nach da hinten, ein kleiner Schritt für dich, für mich eine Tagesreise. Wobei, ich bin nicht nur klein, ich bin auch schnell. Meine Beine sind flink, mein Körper wendig, meine Augen sehen alles und den Rest machen die Antennen. Ich bin sozusagen: PERFEKT, zumindest fast. Ich schaff‘ das. Ich muss. Drittes Level, kann doch nicht so schwer sein … Konzentrier dich … Nicht träumen … Los, mach schon.

Als ich klein war (also noch kleiner), wollte ich Sängerin werden. Nein, nicht im Chor! Vorne, ganz vorne: im Rampenlicht. Aufgerichtet, groß. Die Antennen Richtung Publikum. Mein erster Ton sitzt perfekt, der Saal tobt, die Kritik überschlägt sich: noch nie, nein wirklich, niemals vorher gab es so eine Stimme. 

Oder Königin wäre auch … 

Dreieinviertel … Alter Falter, ist das schwer … Wo muss ich lang? Wo ist die Stadt noch gleich? Ach ja, da hinten, nur noch ein kleiner Schritt (für dich) … 

Wo war ich stehen geblieben? … Königin wäre auch gegangen, oder zumindest Prinzessin. Eine Villa auf dem Land, allein für mich. Mich bedienen lassen, die anderen schleppen sich ab und ich mittendrin, lass es mir gut gehen und saufe Pinot. Ich würde gefüttert, wäre doppelt so groß, doppelt so schwer und dreimal so faul. Obwohl, dann wäre ich für die Bevölkerung der Millionenstadt zuständig … Das geht mir dann doch zu weit. Da bin ich halt Arbeiterin geworden, und das heißt, in der Millionenstadt zu leben und zu schuften, tagein, tagaus. Wahrscheinlich die kleinste Arbeiterin, die du dir vorstellen kannst. (Deine Vorstellungskraft ist ja eher mäßig.) Ich versuche mal, es zu erläutern: Was für dich eine Großstadt ist, ist für mich ein Dorf, dein Waldspaziergang ist mein Leben. Dein Apfel ist mein Familienfest. Dein Handtuch mein Abenteuer, dein Bein mein Berg, dein Fuß mein Tod. Meine Straße dein Ärgernis. (Obwohl DEINE Straßen ja viel ärger sind als meine!) 

Heilige Larve, schon dreieinhalb … Puh, ist das schwer! Da, da ist der Ausgang … Oh … zu! Ich kann nicht mehr. Und es ist schon wieder so voll hier. Ey, lass mich mal durch. 

Dieses Gedrängel macht mich verrückt. Und dann wird auch noch angebaut, hier ziehen immer mehr ein. Puh, als hätte ich nicht genug zu tun. Den ganzen Tag hin und her, holen schleppen abliefern zurück, holen schleppen abliefern zurück. Einmal, nur ein Mal möchte ich auf dem Rücken liegen, nichts tun, nur so. Daliegen. Die Sonne auf meinem Bauch. So wie du. Dann krabbelst du auf meine Beine und ich schlage dich tot. Mal andersrum. Ich creme mich ein und du klebst auf mir fest. Ich esse einen Apfel und du kriegst den Gripsch. Ich wohne in einer WG, zwei drei Leute, und du? Du quälst dich durch die Millionenstadt. Wie gefällt dir das? Schleppst dich kaputt, hin und zurück, holen schleppen abliefern! Und ich latsche mit meinem Fuß tausende deiner Freundinnen platt. Alle auf einmal. Weil du mich gar nicht interessierst. Weil ich dich gar nicht sehe. Und wenn ich dich sehe, in meiner Küche in der Prinzessinnen-Vorortvilla, dann stelle ich eine Falle auf und du klebst fest. 

Wie wär’s? Tauschen? Für einen Tag und eine Nacht? 

Hältst du nicht aus. Niemals. Den ganzen Tag: arbeiten, arbeiten, arbeiten. Und wenn du fertig bist? Weiterarbeiten! Immer. 

Verdammt, wo geht’s hier lang. Schon dreidreiviertel … und überall krabbelt jemand, ich seh‘ nix, alles voll. Ich komm nicht durch, aber ich muss weiter, die Vier erreichen. Ist mein Job. Drecksjob … 

Ein Schmetterling! Ja, ich hätte ein Schmetterling werden können. Bunt, frei, allein! Auf einer duftenden Blume. Alle hätten mich geliebt. Mir hinterher geschaut und sich gefreut. Guck mal, ein Schmetterling, wie schön. Ich hätte die Millionenstadt verlassen können, Richtung Marokko oder L.A. Und niemand hätte mich festgeklebt. Stattdessen hänge ich hier. Muss schaffen, schaffen, schaffen – und was ist der Dank? Beton überall. Und wenn ich mal eine Straße bauen will: Essigwasser und klebrige Fallen. 

Dreisiebenachtel … Ok. Ganz ruhig. Konzentrier dich. Guck dich um. Wo geht’s lang? Such dir den besten Weg, da wo es weniger krabbelt. Beeil dich. Such die Lücke. 

Mut zur Lücke, hat meine Königin immer gesagt. Die hat gut reden. Die hat auch mehr Zeit als ich. Ich habe, wenn überhaupt, drei Monate und dann ist’s vorbei. Nix mit ruhig. Immer vorwärts, weiterarbeiten. Schuften … Und wer sahnt am Ende ab? Wer geht ins Vierte? Ich ja wohl nicht. Jaja, das dickste Kuchenstück, schön süß, das kriegen die anderen. Für mich bleibt nur der Gripsch, mit Glück ein süßer Krümel. Macht euren Scheiß doch allein. Echt jetzt. Seht zu, wie ihr das ohne mich hinkriegt. Ich trommele meine Freundinnen zusammen und dann seht zu. Keinen Handschlag mehr. Nicht mit uns. Wir wollen Rechte. Wir wollen auf dem Rücken liegen und unsere Bäuche in die Sonne halten! Geht doch in die Vier. Macht! Uns doch egal. Wir brauchen das nicht. Wir wollen Gerechtigkeit, Gleichheit. Alle zusammen. Alle arbeiten für alle. Zusammen. Jede an einem Ende. Holen, schleppen, abliefern – Sonne tanken. 

Hey, was ist das? Was blinkt da? Vier vier vier vier … im Viervierteltakt. Das ist mein Song! Ich geh‘ nach vorne, die Antennen Richtung Publikum. Der erste Ton sitzt perfekt … Oder die vier Zacken meiner Krone? Wo ist der Pinot? Junge Stechimme, können Sie das mal wegräumen! 

Ich fühl mich so groß, beflügelt … Ist das ein Schmetterling? Wie schön … 

Herrje, was ist das schwer. Helft mir doch mal. Das schaffe ich nicht allein. Mir bricht das Kreuz. Aber vier kommt nach drei. Und drei war für mich und vier für was weiß ich wen.

Es geht dem Ende entgegen. Dreiachtneuntel. Die Klebefalle klopft an. Zeit, Revue passieren zu lassen. 

Hab viel geschafft im Leben: ’ne Millionenstadt, ach, was rede ich, ’nen ganzen Staat habe ich gebaut. Nur aus dem, was die Natur mir hingelegt hat. Mit meiner eigenen Hände Arbeit, wie ihr so schön sagt. Wenn’s soweit ist, bin ich bereit. Wenn die Klebefalle ruft: Ich bin bereit. Ich weiß, was ich geschafft habe, mein Lebenswerk.

Was? Äh, ja, ‚tschuldigung, hab‘ geträumt. Ja, ich mach ja schon, bin schon unterwegs …


A.N.T.S.

A.N.T.S.
Another nut is cracked
Another tree is cut
Another fence is pushed
Another leaf turns black

In our warm light of the day
They’re left out in the cold
In the cold light of our way
Starting at that point

Another tender wish like glitter on their bodies

Like in dream we waste the time
Our electric cars are fails
Like our dreams they fade by light
Screaming at the acid rain

Army of ants stick together
Army of friends aid one another


Made by

Song: beatbar
Songwriting: Stef Awramoff
Mix & Mastering: Eric Limberg

Text: Svea Herrmann
Sprecherin: Hilke Rusch

Collage: Stefan Heuer

Sounds im Text:

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